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,,Passion voller Aromen, Geschichten und Lebensfreude“ Weinbruderschaft feierte 342. Ordenstag mit Jahressentenz „Globalisierung“ / Brudermeister Rudi Rack stellt die in zehn Jahren von Kellermeister Wolfgang Gottwald zusammengefassten Degustations-Protokolle in Buchform vor

Gepostet am Jan 15, 2018 von in Allgemein |

Seinen Jahresauftakt feierte das Collegium Vinum mit dem 342. Ordenstag in der Kronenstube des Gasthauses „Drei Kronen“ in Seligenstadt. Brudermeister Rudi Rack begrüßte die weinfrohe Runde und freute sich auf dieses Wiedersehen der Mitglieder, so spät wie nie zuvor in der Geschichte des Collegium Vinum. Traditionell überliefert ist eigentlich der Dreikönigstag, der sich aber in heutiger Zeit als Fixtermin kaum noch halten lasse: „Winterurlaube und -freizeiten, auch andere Verpflichtungen unserer Weinjunker, machen ein Umdenken nötig.“ Zu Beginn hielt man kurz inne, um verdienter und unvergessener Mitglieder zu gedenken: Willi Schäfer, Franz Kuttler,  Emanuel Höll, Reinhold Biegler-Müller und Peter Laube. Zu Beginn seines Jahresrückblickes sprach Brudermeister Rack dem Kellermeister Wolfgang Gottwald großen Dank und Anerkennung aus. Seit seinem Amtsantritt 2007 archiviert Gottwald die Degustationsprotokolle, welche im Internet aufgeführt sind. Seine akribisch geführten Aufzeichnungen seien in zwei Büchern gebunden worden – als Komplettausgabe von über 222 Seiten der Weinverkostungen. Unter  App­laus und einem herzlichen Ergo bibamus überreichte Rudi Rack eines der Bücher an Wolfgang Gottwald.

Den 2017er Ordenstag habe man am 15. Januar, ebenfalls in den „Drei Kronen“ gefeiert und stellte das vergangene Weinjahr unter das Motto „Mediterrane Rebsorten und Weine aus Deutschland“. Dabei sei der Bruderrat für die nächsten drei Jahre bestätigt worden. Das vielversprechende Thema habe bei allen zehn Viniversitäten interessante Verkostungen und Gespräche gefunden. „Für die enorme Vielfalt und hohe Qualität, die wir erleben durften, danke ich Euch allen auf’s Herzlichste,“ so Rudi Rack.

Freundschaftliche Kontakte seien zum Hochstädter Winzerverein geknüpft worden, der auf kleinsten Rebflächen den längst vergessenen Weinbau am Untermain wieder belebt habe. Man nahm am dortigen Rebblütenfest teil. Eine weitere Visite statteten alle dem Kellerweg-Fest in Guntersblum ab, leider mit nur mäßiger Beteiligung, dafür großen Erlebnis-Momenten für die Teilnehmer. Begeistert habe er, so Rudi Rack, im „Weinblatt“ unter der Überschrift „Wein erleben, wo er wächst“ berichtet. Beeindruckend seien die  Weinexkursion nach Großwallstadt in den neuen Weinkeller des Weinjunkers Klaus Giegerich gewesen und nach Hochstadt am Main mit einem weingeselligen Abschluss bei „Weck, Worscht und Woi“.  Im November habe man sich der Erfahrungen angenommen, welchen Einfluss Licht auf den Weingeschmack habe und diesen verändern könne. Die Versammlung habe die Sentenz des 2018er Ordensjahres „Globalisierung“ beschlossen.

In der letzten Ausgabe des „Weinblattes“ des zurückliegenden Jahres habe er über erste Eindrücke des neuen Weinjahrgangs berichtet, mit früher Lese, kleiner Menge und guten Qualitäten, so Rack. Diese ersten Eindrücke hätten sich mittlerweile bestätigt, berichtet Rudi Rack: „Eher leicht, fruchtig und finessenreich fallen die Weine des zurückliegenden Jahrgangs aus. Damit entsprechen sie dem aktuellen Trend.“ Nachdem die Frühjahrsfröste im April die Erträge bereits reduziert hatten und im Sommer starke Niederschläge folgten, war oftmals die selektive Lese das Gebot der Stunde in nahezu allen deutschen Anbaugebieten. Bei den frühreifen Sorten wie Bacchus und Frühburgunder, hatte die Lese teilweise im August eingesetzt. Die zweite Septemberhälfte brachte ideales Erntewetter, das den Hauptsorten sehr entgegen kam und zu guten Qualitäten führte. Die bundesweite Weinmosternte liegt mit geschätzten 7,5 Millionen Hektolitern 18 Prozent unter dem Vorjahresergebnis. Die Weine aus den uns benachbarten Anbaugebieten sind nach ersten Verkostungen erfreulich extraktreich und gehaltvoll einzustufen und werden mit guter Struktur und typischer feiner Sortenfrucht unsere Gaumen erfreuen.

Mildes Wetter mit kalten Nächten habe vielen Trauben auf der Zielgeraden noch zu einer guten Reife und viel Aroma verholfen. Besonders vom herausfordernden Jahrgang 2017 hätten spätreife Sorten, wie der Riesling, in Rheinhessen profitiert.

Im zweitgrößten deutschen Weinbaugebiet, der Pfalz, werde es guten aber weniger Wein geben. Der neue Jahrgang verspreche charaktervolle und ausdrucksstarke Weine mit schönem Aromenspiel, besonders bei den Bukettsorten wie Sauvignon Blanc oder Muskateller.

In Franken habe es die schnellste und früheste Weinlese aller Zeiten. Das hänge freilich mit den Wetterkapriolen zusammen, mit denen das Jahr nicht geizte. Die Schäden des Frühjahrsfrosts konnten mit viel Aufwand minimiert werden, sodass trotz einiger Hagelschäden im Sommer und starkem Regen sowie Traubenselektion vor der Lese, die Erntemenge sogar etwas höher ausfallen werde, als im Vorjahr, was aber nicht auf Unterfranken zutreffe, berichtete Rudi Rack. Dort sei die erhoffte Menge ausgeblieben. Der schlanke, elegante 2017er sei ein ausgesprochen ansprechender Franken-Jahrgang!

2017 habe erneut bewiesen, dass die klimatischen Herausforderungen für die Rheingauer Winzer nicht abnehmen. Dennoch habe es bei spät reifenden Hauptrebsorten Riesling und Spätburgunder erstaunlich gute Traubenqualitäten und Mostgewichte gegeben. Die Winzer am Mittelrhein seien von größeren Ernteverlusten durch die April-Fröste weitgehend verschont geblieben. Es musste aufwändig selektiert werden, um gesunde von faulen Beeren zu trennen.  Ein turbulentes Jahr liege hinter den Winzern der Hessischen Bergstraße. Sie mussten in Handarbeit streng selektieren, um Qualität zu erhalten. Der Bergsträßer 2017er werde sortentypisch und frisch ausfallen.

An vergleichbares Frostschäden konnten sich selbst altgediente Winzer an der Nahe kaum erinnern. Um bis zu 80 Prozent lagen die Erträge unter den üblichen Ergebnissen. Die Nahe-Weine präsentieren sich sortentypisch, gehaltvoll und sehr schön ausbalanciert. Auch an der Mosel sei so früh wie noch nie gelesen worden, mit einem so niedrigen Mengenergebnis wie seit einem halben Jahrhundert nicht mehr. Feingliedrig, spielerisch und mineralisch werden die 2017er Moselweine sein, mit einer breiten Qualitäts­palette bis hin zu Trockenbeerenauslesen, besonders an der Saar und Mittelmosel.

Mit einem blauen Auge davongekommen, so fassen viele badische Erzeuger den Jahrgang 2017 zusammen. Die letztjährige Frostkatastrophe in Baden war die größte seit 1953.

In Sachsen und Saale-Unstrut, den östlichsten deutschen Weinbaugebieten, blieben Schäden durch Fröste aus. Dort stimmen die Mengen wie auch die Qualität. Fruchtige, saftige Weine mit guten Extrakten sind das gute Ergebnis.

Ungünstiges Wetter zur Ernte erzwang vielerorts in Württemberg eine frühe und zügige Lese, die zum großen Teil so schnell wie selten innerhalb von drei Wochen abgeschlossen war. Erwartet werden  sortentypische, ausgewogene und fruchtige Weine.

„Unbestritten ist unsere Liebe zum Wein eine der spannendsten Passionen, mit denen man sich beschäftigen kann – voller Aromen, Geschichten und Lebensfreude,“ schwärmte  Brudermeister Rudi Rack: „Aber der urbane Lebensstil hat sich gewandelt. Irgendwo zwischen Web, Laptop und Smartphone, Naturverbundenheit, Familie und Karriere hat sich der moderne Mensch ein neues Lebensgefühl zugelegt, das nicht mehr zu dem althergebrachten Image des Weins passt, das in der allgemeinen Wahrnehmung oft noch zwischen nostalgie-schwangerer Heimatfilm-Romantik oder Discounter-Charme schwankt. Weine kleiner und mittlerer Betriebe aber vermitteln das urbane „Savoir vivre“-Lebensgefühl.“ Das Collegium Vinum weise dem Wein die Wertschätzung zu, die er in der Gesellschaft haben solle. „Lasst uns zusammenstehen, dass sich nichts daran nichts ändern möge,“ unterstrich Rudi Rack. Mit diesem Ansinnen und den freudigen Aussichten auf weinfrohe Stunden wünschte der Brudermeister allen ein gesundes, rundum zufriedenes neues Jahr mit einem herzlichen Ergo bibamus! Mit anschließender Degustation und einem festlichen Menü fand der Ordenstag seinen weinfrohen Ausklang.

Bildlegende:

Brudermeister Rudi Rack (r.) überreichte die in einem Buch zusammenfassten Weinprotokolle der vergangenen zehn Jahre an Kellermeister Wolfgang Gottwald.