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Wenig, schwierig und teurer

Gepostet am Jan 15, 2011 von in Allgemein |

Wein-Jahrgang 2010 in der Betrachtung der Weinbruderschaft „Collegium Vinum „

 

Alzenau-Albstadt – „Wir sind nur eine kleine Gemeinschaft, die aber immer wieder durch das besondere Engagement ihrer Mitglieder gestärkt wird. Mein größter Wunsch ist es, dass sich daran nichts ändern möge,“ bekräftigte Brudermeister Rudi Rack bei seiner Begrüßung zum 335. Ordenstag der Weinbruderschaft „Collegium Vinum“ am vergangenen Sonntag in der Gutsschänke des Rebenhof im Alzenauer Ortsteil Albstadt. Er zähle auf die Hilfe der Mitglieder und hoffe weiterhin auf eine starke Gemeinschaft, die sich in erster Linie dem deutschen Wein und der Steigerung der Lebensqualität ihrer Mitglieder verschrieben habe. Das dies kein frommer Wunsch sei, habe das zurückliegende Jahr auf beeindruckende Weise gezeigt – ein Jahr, welches in der Geschichte der Weinbruderschaft ein herausragendes war. Rack erinnerte kurz an den gelungenen Jahrestag, an die Weinwisserstammtische mit all den so einheitlichen und unterschiedlichen Meinungen und schließlich die Jahresfahrt nach Nierstein an den Rhein und die Aufnahme zweier „Schwergewichte“ in der Region, den dortigen Bürgermeister und Landtagsabgeordneten Thomas Günther, der sich entschuldigen ließ und den Fremdenverkehrsdirektor Hartwig Ludwig, die sich beide vom ersten Moment an vorbildlich und gastfreundlich in die Gemeinschaft eingebracht hätten. So solle es auch in diesem Jahr sein, wünschte sich der Brudermeister, wenn der Bus am Sonntag, 3. Juli, in den schönen Rheingau starte. In der Wein-, Sekt- und Rosenstadt Eltville wolle man am dortigen Sekt- und Biedermeierfest teilnehmen.

 

Wenig, schwierig und teurer – so könne man den zurückliegenden Weinjahrgang 2010 bezeichnen, bilanzierte Brudermeister Rudi Rack, welcher die Winzer vor eine Fülle von Herausforderungen stelle, nicht nur weil er mengenmäßig der schlechteste Jahrgang seit 25 Jahren sei. Marketingleute und das DWI berichten von einem kleinen, aber feinen Jahrgang, während Kritiker ihn schon frühzeitig als misslungen abqualifiziert hätten. Im Wein liege die Wahrheit – und die sei, was den Wein-Jahrgang 2010 betreffe, eher ernüchternd – vor allem im Hinblick auf den niedrigen Ertrag, was besonders die kleinen Weinerzeuger bitter treffe, meinte Rack.

 

Der Brudermeister erinnerte daran, dass nach dem langen kalten Winter die Rebstöcke im Frühjahr nur langsam austrieben. Im Juni – der Blütezeit des Weins – war es wieder kühl. Die Folge: Blüten und erste Beerenansätze fielen ab, der Winzer spricht von Verrieselung. Nach einem heißen Juli führte dann viel Feuchtigkeit im August und September zu Fäulnis. Was die Qualität anbetrifft, sind die Winzer besonders gefordert. Es wird sich zeigen, wer sein Handwerk beherrscht. Wer bei der Lese große Anstrengungen unternommen und selektiv geerntet hat, konnte sehr gutes Ausgangsmaterial bekommen. Hinzu kommen die Probleme der hohen Säurewerte, die dazu zwangen zu entsäuern, wie es seit 1999 nicht mehr der Fall war. Wir dürfen uns auf Qualitätsschwankungen einstellen – im Spektrum von grottenschlecht bis sehr gut und geprägt von einem bislang unbekannten, eigenwilligen Jahrgangston. Ein Jahr der Extreme war es in Franken mit strengen Winterfrösten, Problemen bei der Rebblüte, Trockenheit und Hitze im Juni und Nässe im Spätsommer und Herbst. Frühreife Sorten wie Müller-Thurgau wurden zügig bereits ab Mitte September eingebracht, die Lese endete vier Wochen später mit Silvaner, Burgundern und Riesling. Sie war von einer strengen Selektion geprägt. Die spätreifenden Sorten präsentierten sich meist gesünder als die frühreifen, wie auch in den anderen Anbaugebieten. Schon im August wurde in Rheinhessen und Mitte September im Rheingau der Müller-Thurgau und ab dem Anfang Oktober der Riesling geerntet. Vor allem Riesling, der in den ersten Lesetagen noch bei 70 bis 80°Oechsle lag, konnte durch einige sonnige und trockene Tage Ende September/Anfang Oktober noch kräftig an Reife zulegen und erreichte dann meist 80 bis 95° Oechsle. Vom Weintyp her, kann nach Rudi Racks Einschätzung, der 2010er mit den Jahrgängen 2001 oder 2004 verglichen werden, wobei in diesem Jahr die Säurewerte noch höher liegen. Der Durchschnittsertrag bewegt sich auf dem geringen Niveau von 1995 oder 1984. Rack meinte abschließend, dass sich die Mitglieder ihr ihr eigenes Urteil bilden sollten von diesem überaus gefürchteten, spannenden und außergewöhnlichen Jahrgang 2010 – das freilich allzeit mir einem herzlichen „Ergo bibamus, dem Trinkspruch der seit 335 Jahren bestehenden Weinbruderschaft.

 

Nach der Verkostung deutscher Rosé- und Rotweine und einem von Marie Rack zubereiteten Festmenü nach der Vorgabe aus dem 17. Jahrhundert ergriff der Secretarius der Weinbruderschaft, Manfred Friedrich, das Wort. Er danke den Eheleuten Rack für ihr seit Jahren intensives Engagement zugunsten der Weinbruderschaft und sprach den Wunsch aus, dass dies noch lange so bleiben möge.

Mit dem Dank für die jahrelange Gastfreundschaft im „Rebenhof“ und dem Applaus der Weinbruderschaft überreichte Manfred Frieddrich an Marie Rack einen Blumenstrauß und ein Präsent.